Anonymous Hamburg



Im Makerspace Attraktor in Hamburg findet jeden Dienstag die Veranstaltung " Back to Hack" statt, und die Ankündigung für letzten Dienstag war:



Beim Back to Hack am 26. Februar möchten wir mit euch – ergebnisoffen – über das Thema Netzneutralität diskutieren.
  • Netzneutralität bezeichnet die wertneutrale Datenübertragung im Internet. Netzneutrale Internetdienstanbieter senden alle Datenpakete unverändert und in gleicher Qualität von und an ihre Kunden, unabhängig davon, woher diese stammen, zu welchem Ziel sie transportiert werden sollen, was Inhalt der Pakete ist und welche Anwendung die Pakete generiert hat.
Ein einfaches Prinzip, das jedoch erfahrungsgemäß schwierig an Nicht-Nerds und -Geeks zu vermittelt ist.
In der Diskussion möchten wir auf folgende Fragen eingehen:
  • ▪  Was verstehen wir unter dem Begriff “Netzneutralität”?
  • ▪   Vor- und Nachteile von Priorisierung
  • ▪   Was würden wir von unserem Anbieter erwarten?
  • ▪   Big Business und Netzneutralität
  • ▪   Orange und Google (YouTube)
  • ▪   Facebook (und der freie Smartphone-Zugang)
  • ▪   Wird der Markt das regeln?
  • ▪   Deep Packet Inspection (DPI)
  • ▪   Wie gehen wir damit um?
  • ▪   Muss “die Netzgemeinde” aktiv werden und wenn ja wie?
Gemeinsam mit euch würden wir gerne nach der Diskussion tragfähige Metaphern, Bilder und Analogien entwickeln, mit denen man Menschen, die nicht vom Fach sind, das Themengebiet Netzneutralität mit seinen Vor- und Nachteilen möglichst korrekt – aber eben einfach – vermitteln kann.



Zum Verlauf des Abends:
Wir waren uns schnell einig, dass Netzneutralität bedeutet, in dem Falle ähnlich wie bei der Post, dass Daten wie Briefe gleich versendet werden, unabhängig davon ob es sich um einen Liebesbrief oder um eine Rechnung handelt, um VoIP Daten, um eine Webseite oder um eine E-Mail.

Für alle die, die jetzt schon abgeschaltet haben und nicht wissen worum es überhaupt geht, oder warum man solche Prinzipien diskutieren sollte, aber am Thema interessiert sind, denen seien die Videos vom Elektrischen Reporter ans Herz gelegt. (Die hängen wir unten nochmal an)

Das Kurze zum Einstieg aus einem Segment für das Heute Journal von Mario Sixtus:



Denkwürdiger Satz, sinngemäß: "Ich möchte nicht dass das Internet in 10 Jahren aussieht wie Kabelfernsehen." Dieses greifen wir später nochmal auf.

Wichtige Begriffe
Aber auch hier kommen Bezeichnungen die vielleicht auf Anhieb nicht verstanden werden: Quality of Service (QoS) zum Beispiel, oder Serviceklassen.

Quality of Service (QoS)
QoS ist eine Technik in Kommunikationsnetzen, mit der vereinfacht dargestellt, einem oder mehreren Diensten eine definierte Qualität, z.B. Bandbreite oder Latenz, garantiert wird. Anwendung findet diese Technologie zum Beispiel beim Fernsehen über das Internet (IPTV) oder der IP-Telefonie (VoIP).



Serviceklassen
Einfach gesagt: Ihr habt eine BIS ZU 16000 Mbit Leitung die real 12000Mbit leistet, dann könnte man mit QoS 2 Mbit für Telefongespräche garantieren und 8Mbit für Fernsehen.
Fernsehen könnte man als eine Serviceklasse bezeichnen und Telefonieren auch als eine.

Fernsehen ist dann Serviceklasse 1 Telefonieren Serviceklasse 2 alles andere Serviceklasse 3.

Dafür dass Serviceklasse 1 und 2 eine Qualität (in unserem Beispiel Bandbreite) garantiert
wird, müssen andere Dienste leiden und diese Dienste werden ausgebremst.

Merke: Keine Priorisierung möglich, ohne andere Dienste zu bremsen.

Allen anderen Diensten, euren Musikstream von Soundcloud, eurem Skype oder Teamspeak, eurem Onlinegame, Facebook und was ihr sonst noch so tut, stehen, wenn der Fernseher läuft und ggf. jemand telefoniert, nur noch 2Mbit zur Verfügung.

World of Warcraft ruckelt dann, die Musik wird abgehackt, Seiten laden langsam, das E-Mailprogramm braucht ewig mit diesen verflixten großen Anhängen etc. etc.
Aber Telefonieren und Fernsehen geht ohne Probleme.

Quality of Service ist erstmal nichts schlechtes.
In Firmennetzwerken wird es z.B. eingesetzt um kritischen Firmenanwendungen immer genug Netzkapazität einzuräumen oder auch zu Hause am eigenen Router möchte man das durchführen können.

Kritisch wird es erst wenn Provider so etwas tun und für uns entscheiden was für uns Priorität hat, was wir wollen und nicht wollen, dürfen und nicht dürfen.

Der Provider kann unliebsame oder Konkurenzangebote verlangsamen, oder wie es die Mobilfunkanbieter tun, Telefonie Services und Apps einfach sperren, wie im Mobilfunk Fall.
Angegeben nur sehr waage im ganz klein gedruckten.

Zum, Beispiel Vodafail
Vodafone: 5.Die Nutzung für Peer-to-Peer-Kommunikation ist nicht gestattet.
Sehr waage, denn am Ende ist alles irgentwie Peer to Peer Traffic.
Hierzu auch gerne mal Golem lesen:
http://www.golem.de/news/vodafone-wegen-ausschluss-von-p2p-abgemahnt-1302-97698.html

Schaut man sich das Telekom Angebot an:
Buchbare Optionen
Music Streaming: Music Flat mit unbegrenztem Zugang zu über 18 Mio. Songs [Anmerkung: geht nicht vom Datenvolumen ab!] 
Internet Telefonie: Telefonie über das Internet (VoIP) [Anmerkung: und Instant Messaging!!!11]

Fühlt man sich schon sehr stark an die schon seit Jahren prophezeite Horror Vision erinnert die dieses Bild zeigt:



Hier einen Ausblick was aus dem Netz werden könnte:



Wir sind der Meinung Netzneutralität sollte gesetzlich, am besten gleich auf EU Ebene, festgeschrieben werden, so wie in den Niederlanden und Slowenien.

Aber noch einmal zum Mobilfunkmarkt.
Die Gegener einer gesetzlichen Regelung führen als Argument oft ins Feld:
"Der Markt regelt dass schon, da kommt einer und macht ein besseres Angebot mit weniger Einschränkungen, dann müssen alle schon nachziehen"

Wie in diesem Video, das eigentlich ganz gut anfängt:



Im Mobilfunk sehen wir klar, seit 2006 also seit ca. 7 Jahren, macht kein Anbieter ein Angebot für einen netzneutralen Zugang.
Wir können nicht wählen und zu dem Anbieter ohne Einschränkungen gehen, selbst wenn wir mehr zahlen wollten.

Der Markt regelt das NICHT.

Das war auch der Tenor während der Diskussion.
Es gibt viele nette Erklärungsvideos zur Netzneutralität auf YouTube, leider beleuchten diese das Thema immer nur zu einem Teilaspekt.
zum Beispiel:

Dieses beschäftigt sich mit dem Zugang zu Bildung und Kultur



Oder dieses der FH Aachen:



Oder die Videos sind zwar umfassend und gut erklärt, aber in der Sound und Produktionsqualität suboptimal, zum Beispiel:



Andere nützliche Quellen:

Die Digitale Gesellschaft hat das Handbuch Netzneutralität als Projekt und Work in Progress veröffentlicht.
https://digitalegesellschaft.de/2012/12/jetzt-neu-unser-handbuch-netzneutralitat/
In dieses Handbuch ist, wie man feststellt wenn man es liest, viel Arbeit geflossen.
Es ist ziemlich umfassend und gibt auch einen guten Überblick über den politischen Diskurs auf nationaler und EU Ebene.

Ebenfalls ein großer Vorteil:
Es bespricht in kurzen verständlichen Abschnitten warum Netzbetreiber die Netzneutralität brechen wollen,
und auch die Mythen, die damit verbunden sind.

Der Nachteil:
Für den Ottonormal Verbraucher ist da zuviel spezielle Information. Und der Umfang mit 28 Seiten ist zum Verteilen zu lang.

Es ist also schon umfangreiche Grundlagenarbeit von vielen zum Thema Netzneutralität vorhanden.
Während der Diskussion kristallisierte sich jedoch heraus, dass eine Konsumentenfreundliche Kurzversion als Flyer oder Faltblatt einfach noch fehlt.
Vielleicht auch ein Begleitvideo, das das Thema für den Konsumenten ohne großen technischen Hintergrund aufarbeitet und mit dem Flyer einhergeht.
Deshalb wollen wir uns in der Runde noch einmal treffen, um darüber zu reden wie man so etwas umsetzen könnte.

Partei Medien
Politisch ist das Thema bei einigen Parteien auch schon angekommen, die das auch wirklich gut und anschaulich kommunizieren, bei denen Netzneutralität jedoch nicht im Mittelpunkt der Animation steht.


Das ist ein Video der Grünen. (Und nicht wie man erwarten könnte der Gender Piraten, zu deren ehemaligen Themen das Internet gehörte.)


Update: ganz so schlimm sieht es mit den Gender Piraten doch nicht aus:
https://piraten-augsburg.de/aktuelles/2013-04/vortrag-uber-netzneutralitat/

Das Video holt den Zuschauer dort ab wo er steht und begleitet an anschaulichen Beispielen die neu entstanden Probleme des Digitalen Zeitalters.

Ein Beispiel wie auch eine Kampagne zur Netzneutralität aussehen könnte.

Netze in denen Netzneutralität nicht gilt.
Netzneutralität ist angelegenheit die nicht nur das Internet betrifft, wir kaben schon ein nicht-netzneutrales transportmedium.
Ihr erinnert euch, die Bemerkung zum Kabelfernsehen weiter oben?

Hier ein Beitrag darüber wie es da gerade rumort:



Ein Netz ohne Netzneutralität, mit Endgelten für das einspeisen und Endgelten fürs ansehen. Und verallgemeinernd gesagt, keine Chance für euren Startup Fernsehsender.

Ein weiteres Thema der Diskussion war Deep Packet Inspection.

Das werden wir dann nochmal in einem eigenen Post beleuchten.
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Weitere Videolinks:

Diskussion Netzneutralität
http://www.youtube.com/watch?v=9jXkxjyKUIg
Elektrischer Reporter
http://www.youtube.com/watch?v=QqaybcFswMg
Taz Netzneutralität
http://www.youtube.com/watch?v=NNZSKjNrP9I
Semper Video über Netzneutralität
http://www.youtube.com/watch?v=-CX4RMKW4GE
Auch eine gute Erklärung mit hinweis auf Kabelfernsehen
http://www.youtube.com/watch?v=zASHI9qdB0U
Macht schlechte Laune: Do people know what netneutrality is
https://www.youtube.com/watch?v=gdY2hUEqXok